Wenn ein Mensch erschrickt, weil man ihm Hilfe anbietet, läuft irgendwas falsch

Foto: Stefanie Salzer-Deckert / pixelio.de

Meistens schreibe ich hier über Dinge, die – im weitestens Sinne – mein berufliches Leben betreffen. Aber ab und an kommen hier auch Themen zur Sprache, die mich einfach beschäftigen.  Heute ist wieder so ein Tag, an dem mir ein kurzes Erlebnis nicht aus dem Kopf gehen will.

Foto: Stefanie Salzer-Deckert / pixelio.deFreitag, 10:30, bei mir im Ort

Ein Mann, etwa mein Alter, sehr gepflegt, sitzt vor einem Ladenlokal auf einer Bank, den Kopf gesenkt. Ich sehe ihn beim Reingehen. Als ich wieder heraus komme, sitzt er immer noch da. Der Kopf ist noch tiefer gesenkt und er hält sich mit der Hand die Stirn und reibt daran.

Ich frage ihn, ob alles ok oder ob ich ihm helfen kann.

Er schaut mich sichtlich irritiert durch seine dunkle Sonnenbrille an. Nein, nein alles ok. Wie ich darauf käme. Er habe nur die Sonne abschirmen wollen, die oben über die Brille geschienen habe.

Ich sage: „Prima. Dann ist ja alles in Ordnung. Lieber frage ich einmal mehr, als dass ich mir hinterher Gedanken mache.“

Als ich zu meinem Auto gehe, ruft er mir hinterher: „Ja und wenn ich jetzt gesagt hätte, dass es mir nicht gut geht, was hätten sie denn dann gemacht? Hätten sie mich dann heim gefahren?“ Die Stimme klingt ironisch, fast etwas lauernd.

Ich antworte: „Ja klar, oder eben zum Arzt“

Er schaut mich noch irritierter an und ist sichtlich überfordert. „Hätten Sie das wirklich gemacht?“

Ja, das hätte ich. Zumindest wenn er nicht gerade in Hamburg oder München gewohnt hätte, aber danach klang seine Sprachfärbung nicht.

Irgendwas läuft falsch bei uns

Offensichtlich ist sowas für ihn unvorstellbar und ich frage mich seither, was hier eigentlich los ist, wenn sich jemand nicht vorstellen kann, dass ihm ein wildfremder Mensch spontan helfen würde, wenn es ihm schlecht gehen würde.

2 Antworten zu „Wenn ein Mensch erschrickt, weil man ihm Hilfe anbietet, läuft irgendwas falsch”.

  1. Hallo Ulrike,

    das ist ein Thema 🙂
    Normalerweise wird sich über das Nichthelfen beschwert.

    Schade eigentlich, denn helfen und Hilfe erhalten sind für mich absolut selbstverständlich. Das lasse ich mir auch nicht ausreden.

    Schön, dass Du gefragt hast! Frage weiter. Ein erstes Nein wird schnell ausgesprochen. Beim Nachhaken kommt der Betreffende dann schon mal mit: Oh es geht gleich wieder … Da hilft oft schon, einfach dabei zu bleiben, bis die Situation sich für den anderen gebessert hat.

    So mache ich es und ernte dann schon mal ein leises „Dankeschön“.

    LG
    Margarete

    1. Ich werde immer weiter fragen, wenn ich das Gefühl habe, da stimmt was nicht.
      Für mich ist das selbstverständlich.

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