Götz W. Werner: Womit ich nie gerechnet habe

Fragt man Götz Werner nach seinen Beruf, antwortet er gerne lächelnd “Zahnpasta-Verkäufer” und spielt damit auf den Ursprung seiner Entwicklung an. Ziemliches Understatement, denn ohne Götz Werner gäbe es die Drogeriemarkt-Kette dm nicht. Sie ist sein Baby, das er durch gute und weniger gute Zeiten geschaukelt hat. Und Götz Werner ist ein Vordenker, wenn es um eine sozialverträgliche Gestaltung unserer Arbeitswelt geht.

Womit ich nie gerechnet habeIch kaufe gerne bei dm. Das liegt nicht nur am Sortiment und an den konstanten Preisen, sondern auch an der Atmosphäre in den Läden. Sie sind übersichtlich und angenehm ausgeleuchtet. Die Gänge sind breit genug, damit man sich nicht in die Hacken fährt, auch wenn es voll ist. Und die Mitarbeiterinnen, meist sind es Frauen, sind freundlich, hilfsbereit und bieten aktiv Lösungen an, wenn etwas nicht so funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe.

Bei mir liegt Götz Werner richtig

Damit ist mein Blick auf den Laden genau so, wie ihn Götz Werner beabsichtigt hat. Seine Läden sind für die Kunden gebaut. Nicht für das Marketing oder den Unternehmensgewinn. Klar soll dm Gewinn erwirtschaften, aber Götz Werner hat eben sehr früh erkannt, dass das langfristig nur funktioniert, wenn die Kunden wiederkommen.

„Wirtschaft ist für den Menschen da, nicht umgekehrt“ Götz Werner

Dazu gehören auch Mitarbeiter, die wissen, warum sie das tun, was sie tun. Die ermutigt werden, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Und die dabei stets wertschätzend behandelt werden. So heißen Auszubildende nicht Lehrlinge, sondern Lernlinge. Für viele mag das Wortklauberei sein, aber es trifft den Kern. Junge Menschen sind da, um zu lernen. Das können sie nur, wenn man ihnen etwas zutraut und ihnen Freiräume lässt. Freiräume, in denen sie auch Fehler machen dürfen.

Mitarbeiter verursachen in Götz Werners Welt auch keine Kosten, sondern Mitarbeitereinkommen. Wieder ein Wortspielerei, aber auch sie zeigt das wertschätzende, anthroposophisch geprägte Denken des Unternehmers. Schließlich sind die Menschen vor Ort diejenigen, die den direkten Kundenkontakt haben. Die mir ihrem Verhalten großen Einfluss auf den Unternehmenserfolg haben und am besten wissen, was den Käuferinnen und Käufern “ihrer” Filiale besonders wichtig ist. Deshalb organisieren sich die Teams vor Ort selbst. Sie stellen neue Kolleginnen ein, finden eigenständig Lösungen für Probleme und sind keinem Gebiets- oder Bereichsleiter “untergeordnet”.

Götz Werner würde ich gerne kennenlernen

Am liebsten würde ich noch viel mehr schreiben. Weshalb es die dm Kette überhaupt gibt. Welche besonderen Ereignisse den Gründer geprägt haben. Was er über Einkommen generell denkt. Und, und, und… Aber dann würde ich zu viel vorwegnehmen und der Verlag würde mich vermutlich hassen. 😉 Deshalb:

Herr Werner, mit Ihnen würde ich gerne mal Kaffee trinken gehen. Ihr Buch hat mich inspiriert und bestätigt, zum Lächeln gebracht und nachdenklich gemacht. Danke dafür!

Ich glaube, es ist dem Text unschwer zu entnehmen, dass Götz Werner mich begeistert hat. Sein “Evidenz-Denken” ist mir so nahe. Manchmal weiß ich einfach, wann ein Weg richtig ist. Nicht immer könnte ich dann begründen, warum und weshalb genau. Ich weiß es einfach. Und diese Wege haben mich tatsächlich nie in die Irre geführt. Zwar sehr oft auf ganz neue Wege, aber nie auf die falschen.

Auch sein Menschenbild kann ich zu 100 % mitgehen. Zu unterstützen und Freiräume zu lassen, auch auf die Gefahr hin, dass Fehler gemacht werden. Aber Fehler sind normal. Sie passieren allen Menschen. Oder wie es ein früherer Arbeitgeber von mir formulierte:

Nur wer nichts macht, macht auch nichts verkehrt.

Und Fehler sorgen auch für Weiterentwicklung. Weil man neue Lösungsansätze suchen muss. Oder weil der vermeintliche Fehler ein besseres Ergebnis lieferte, als es der eingefahrene Weg getan hätte.

“Womit ich nie gerechnet hätte” ist ein stilles und vielleicht auch deshalb so spektakuläres Buch, das jeder Unternehmer lesen sollte, der nachhaltig den Erfolg seines Unternehmens sichern will. Denn dazu braucht er oder sie selbstbewusste, kritisch hinterfragende, loyale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Götz W. Werner

Götz Werner, Gründer und Aufsichtsratsmitglied der dm Drogeriemärkte, ist Vordenker eines bedingungslosen Grundeinkommens.

Buchinfo: Womit ich nie gerechnet habe von Götz W. Werner, erschienen bei List, September 2013, ePub, 304 Seiten, ISBN 978-3-843-70595-0

2 Antworten zu „Götz W. Werner: Womit ich nie gerechnet habe”.

  1. Verdammt. Das Buch liegt schon lange bei mir Zuhause rum. Sollte echt mal Zeit finden, das zu lesen… Über Silvester vielleicht…

  2. Ich glaube an einem Punkt deiner sehr positiven Kritik von Götz Werners Buch tust du ihm Unrecht: Götz Werner arbeitet nicht mit „Wortspielereien“. Ich glaube, Götz Werner meint es ganz ernst und nicht als Wortspiel, wenn er sagt, Arbeit ist unbezahlbar.
    Aber die Bedingung, dass jemand bei ihm, bei dm (und auch sonst!) arbeitet, ist dass er ein Einkommen hat. Zum Leben.
    Einkommen zum Leben ist die Bedingung. Dann kann man arbeiten! Je weniger man sich um das Einkommen Sorgen machen muss, desto besser das Einkommen garantiert ist, desto besser kann man arbeiten.

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