Deutschlands Wirtschaft ist bis heute geprägt von den Namen großer Familienunternehmen. Dazu gehört auch Reinhold Würth, der Patriarch des weltweit operierenden Konzerns der Würth Gruppe mit Sitz im schwäbischen Künzelsau. Claus Detjen hat mit ihm gesprochen und ein lebensnahes Meinungsbild gezeichnet, das perfekt in die aktuelle politische Lage aufgreift.
Reinhold Würth – Der Patriarch in seiner Verantwortung. Was habe ich von diesem Titel erwartet? Hintergründe über das “Schrauben-Imperium”? Die Lebensgeschichte eines Selfmade Patriarchen? Ja, etwas in der Art wohl.
Bekommen habe ich den fundierten Blick eines viel gereisten und vielseitig interessierten Mannes auf Wirtschaft und Politik. Und das nicht nur regional, sondern global. Und absolut am Puls der Zeit.
Claus Detjen startet mit Fragen zur Konzernstruktur. Hier hat Würth früh den Weg geebnet, dass das Unternehmen in Familienbesitz bleibt. Ein Punkt, der ihm sehr wichtig ist und der durch die frühzeitige Einbindung der Familienmitglieder in die Führungsaufgaben gesichert sein sollte.
Ein Kaufmann muss wissen, was in der Politik läuft
Wer nicht nur in Deutschland Erfolg haben möchte, muss sich für die Weltpolitik interessieren. Das macht Reinhold Würth mit Hingabe. Er ist ein Verfechter der Vereinigten Staaten von Europa, ein Konstrukt, das durch die aktuellen politischen Entwicklungen mehr denn je gefährdet ist. In diesem Kontext fand ich Würths Einlassungen sehr spannend.
Auch die Medien bekommen ihr Fett weg. Würth appelliert an ihre Verantwortung zur sorgfältigen Berichterstattung. Auch das wieder ein hochaktueller Bezug, stehen doch die Medien wie selten im Kreuzfeuer der Kritik einzelner Gruppen.
Aus den Grenzerfahrungen der Vergangenheit lernen
Beide, Würth und Detjen haben die zweiten Weltkrieg noch erlebt. Kein Wunder also, dass die Erfahrungen dieser grausamen Zeit thematisiert werden. Für Reinhold Würth ist es wichtig, dass die nachfolgenden Generationen aus diesen existenziellen Grenzerfahrungen lernen. Wenn er jetzt die Szenen aus den Kriegsgebieten dieser Welt und die zunehmend aufgeheizte Stimmung sieht, macht ihm das Angst. Schlimme Erinnerungen werden wach. Erinnerungen, die er keinem seiner Kinder und auch keinem anderen Menschen wünscht.
Der Patriarch in seiner Verantwortung hat mich gepackt, auch wenn wir uns anfangs nur sehr schwer annähern konnten. Das lag zum einen an meiner falschen Erwartungshaltung, zum anderen aber auch an einem Führungsstil, der meinem Verständnis von Zusammenarbeit nicht wirklich entspricht. Aber ich bin froh, dass ich nicht aufgegeben habe.
Nach drei Kapiteln hatten wir uns zusammengerauft und ich habe mir politische Zusammenhänge aus vielen neuen Blickwinkeln angesehen. Und dabei mein Bewusstsein für die ein oder andere Situation deutlich erweitert. Danke dafür.
Herr Würth, Herr Detjen, ein spannendes Buch!. Vielen Dank dafür.
Claus Detjen
Claus Detjen war Journalist bei der Deutschen Welle, Herausgeber von Tageszeitungen, Mitbegründer des privaten Rundfunks und ist Autor von Büchern und Fachbeiträgen zur Medienentwicklung.
Buchinfo: Der Patriarch in seiner Verantwortung von Claus Detjen, erschienen bei Frankfurter Allgemeine Buch, April 2015, 189 Seiten, Hardcover mit Schutzumschlag, zahlreiche Fotos, 24,90 Euro, ISBN 978-3-95601-086-6
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