Um die Kontaktaufnahme zur deutschen Blogszene wird viel geredet, dabei ist es eigentlich ganz einfach. Wenn man die andere Seite so anspricht, wie man selbst angesprochen werden möchte, also keine Massenmails, keine völlig überzogenen Ansprüche und mit etwas Mühe bei der Auswahl im Vorfeld, dürfte nichts schief gehen. Um für diese Punkte etwas zu sensibilisieren, habe ich Anschreiben, wie sie regelmäßig bei Bloggern eingehen, einfach mal umformuliert. Vielleicht wird so manche Reaktion auf „eigentlich gute gemeinte“ Anfragen dann verständlicher.

Über Blogger Relations, also den „richtigen“ Umgang mit Blogger_innen wurde schon viel geschrieben. Vernachlässigen wir mal die Tatsache, dass bei der Vielschichtigkeit der deutschen Blog-Landschaft nur schwer von „richtig“ und „falsch“ gesprochen werden kann, bleibt dennoch das Problem des bestmöglichen Umgangs miteinander.
Mein Eindruck ist, dass hier Blogger und Anbieter zu oft einfach nicht die gleiche Sprache sprechen. Zur Veranschaulichung, wie Missverständnisse zustande kommen, versuche ich, einige Anfragen einfach mal umzudrehen.
Hallo, ihr Produkt gefällt mir
Stellen sie sich vor, in ihrem Unternehmen geht folgende Anfrage ein:
Hallo,
ich habe mir ihr Unternehmen angesehen und muss sagen, ihr Produkt gefällt mir sehr gut. Schicken sie mir doch bitte auf ihre Kosten ein Exemplar zu und schreiben sie auf ihrer Website direkt unter dieses Produkt, dass ich das habe. Verlinken sie diesen Eintrag bitte zu meinem Blog. Ich mache dann auch einen Aufkleber auf ihr Produkt, dass es von ihnen ist.
Vielen Dank
Ulrike
Ja, ich weiß, dass auch sie genau solche Schreiben erhalten, aber mal ehrlich: Kommen sie solchen Anfragen nach? Egal, ob sie Pralinen herstellen oder Waschmaschinen? Wohl kaum. Da geht es uns Blogger_innen nicht anders. Bei uns lesen sich solche Anfragen so:
Hallo,
ich habe mir ihr Blog angesehen und es gefällt mir gut. Bitte schreiben sie doch einen Artikel über unser Produkt, in dem folgendes enthalten ist:
- ein Foto, das wir ihnen zuschicken und das sie zu unserem Produkt verlinken
- einen Text (ca. 400 Wörter), in dem sie mindestens acht Mal den Namen unseres Unternehmens und unseres Produktes erwähnen und zu unserem Unternehmen verlinken
Natürlich werden wir auch irgendwo auf unserer Seite zu ihrem Blog verlinken.
Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit.
Mit freundlichem Gruß
Marketing
Im Normalfall wandern solche Anfragen bei mir auf direktem Weg in den Papierkorb. Gelegentlich schaue ich mir aber auch erst an, um welches Produkt es denn überhaupt geht. Auch wenn ich grundsätzlich vieles interessant finde und auch mal über Themen blogge, die nicht 100% in meinem Blog-Schwerpunkt liegen, haben meine beiden Blogs doch klare Ausrichtungen. „Ulrike kommuniziert“ befasst sich überwiegend mit dem digitalen Arbeiten, „Leselustich“ mit allem, was mir sonst so Spaß macht. Hauptsächlich werden hier Bücher besprochen, aber es gibt auch einiges rund ums Kochen und Backen, sowie ums Reisen. Wie kommt dann jemand, der sich angeblich meinen Blog (welchen davon?) angesehen hat, auf die Idee, ich könnte eine Reichweite bei Versicherungsnehmern, Hausrenovierern oder Autotunern haben?
Ich bin noch klein und will deshalb nur mit den Großen spielen!

Grundsätzlich ist ja richtig, seine Erwartungen aneinander klar und deutlich zu formulieren. Nur verlangen hohe Erwartungen eben im Normalfall nach angemessenen Gegenleistungen. Auch hierzu ein Beispiel zur Verdeutlichung:
Hallo,
seit etwa vier Wochen blogge ich. Mein Blog ist zwar noch ganz klein aber jeder Artikel ist mit extrem viel Sorgfalt gestaltet. Deshalb wünsche ich mir, dass ihn bald ganz viele Menschen kennen. Sie können mir dabei helfen, wenn ihr Unternehmen zu den führenden DAX-Unternehmen gehört oder sie zum Beispiel sehr hochwertige und bekannte Marken führen. Schicken sie mir doch einfach ihre Produkte zu und sie bekommen auch einen Platz in meinem Blog. Um welche Produkte es sich handelt, ist dabei egal. Hauptsache, sie sind hochwertig, bekannt und begehrt.
Vielen Dank, dass sie kleinen Bloggern mit wenig Geld helfen groß zu werden!
Mit freundlichem Gruß
Ulrike
Klingt recht „anspruchsvoll“? Stimmt. Das sehe ich genauso. Und doch passiert genau das. Es kling auf Bloggerseite nur anders. Zum Beispiel so:
Hallo,
wir sind ein sehr junges Unternehmen und stellen ganz leckere Bonbons her. Neben hochwertigen Zutaten steht bei uns traditionelle Handarbeit hoch im Kurs. Jetzt suchen wir Produkttester, Blogger und Youtuber, die unsere Bonbons probieren wollen. Dabei sind uns neben dem eigentlichen Testbericht deine SM-Kanäle sehr wichtig. Du solltest bspw. viele Comments, Likes, Teilungen haben und gleich mehrere Kanäle bedienen–> Facebook (mind. 1800 Likes), Twitter (mind. 750 Follower), GooglePlus, Instagramm (mind.850 Abos), Youtube (mind. 2100 Abos). Grundsätzlich sind wir für verschiedene Formen der Kooperation offen, die gängige Herangehensweise ist der Produkttest, für den wir ein kleines Musterpaket bereitstellen. Wir freuen uns auf deine Rückmeldung.
Viele Grüße
Die Bonbon Macher
Hier scheint auf den ersten Blick das Missverhältnis zwischen Angebot und Anspruch doch sehr deutlich zu sein. Grundsätzlich rate ich allen, in solchen Fällen nachzufragen, wie die Zusammenarbeit genau aussehen soll. Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand mit der gewünschten Reichweite diese für eine Tüte Bonbons nutzt, ist gering. Selbst dann noch, wenn jedes Bonbon blattvergoldet ist oder ewige Jugend verspricht.
Viel hilft nicht immer viel
Andererseits gibt es sicher Bonbonfans, die sich für eine Probepackung der süßen Leckerei gerne an die Tasten oder hinter die Kamera setzen, aber die oben erwähnten Reichweiten wird man hier oft vergeblich suchen. Was auch überhaupt nicht schlimm ist, denn Süßigkeitenfans sind mit Sicherheit mit anderen Süßigkeitenfans vernetzt. Es kann also gut sein, dass diese kleineren Blogs in der gewünschten Zielgruppe eine deutlich höhere Reichweite haben, als ein bekannter Name der Foodblogger Szene.
Mir ist bewusst, dass auf auch Unternehmensseite genau solche sinnlosen Anfragen wie oben beschrieben eingehen. Meist dann im Stil „Schicken sie mir mal einfach was zu. Ich teste alles!“. Solche „Blogger“ haben bloggen mit schnorren verwechselt und werden auch in der Bloggerszene nicht gerne gesehen bzw. nicht ernst genommen. Ebenso wenig, wie sie sie ernst nehmen werden. Aber wenn wir doch alle wissen, was wir NICHT wollen, finden wir garantiert auch eine Lösung, wie wir so aufeinander zugehen, das sich alle dabei gut fühlen können! Für mich heißt diese Lösung: Respekt.
Und ja, dieser Blogpost kann gerne mit Humor genommen werden.
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