Warum Frauen keine Frauenquote brauchen

Frauen brauchen keine Quote. Die Zeit arbeitet für sie. Die Veränderungen, die Enterprise 2.0, flexible Arbeitszeiten, Telearbeit, Fachkräftemangel und Online-Selbstständigkeit mit sich bringen, läuten die Ära der Frauen auch im Management ein. Dieser Wandel wird sich schneller vollziehen, als politische Ansätze es bewirken könnten.

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Frauen brauchen keine Quote. Die Zeit arbeitet für sie. Konstantin Gastmann / pixelio.de

Der deutsche Bundestag hat über die Frauenquote in Aufsichtsräten abgestimmt. Und oh Wunder, der Antrag fiel mit 320 zu 277 Stimmen durch.

Nur damit wir uns richtig verstehen. Es ging darum, ab 2018 eine gesetzliche Frauenquote von 20 Prozent und ab 2025 von 40 Prozent in deutschen Aufsichtsräten einzuführen. Nicht darum, die Weltherrschaft zu erlangen.

Der Markt arbeitet für uns

Wisst ihr was, liebe Frauen? Gepfiffen auf die Frauenquote! Wir kriegen das auch anders hin. Denn die Zeit und die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt arbeiten für uns.

Zum einen ist da das Thema “Enterprise 2.0” und der gesellschaftliche Wandel, der damit einher geht. Verstand man unter dem Begriff ursprünglich primär das Wissensmanagement in Unternehmen mit “sozialer Software”, umfasst er inzwischen einen deutlich weiteren Bereich. Dadurch, dass das Fachwissen einzelner Abteilungen besser und von überall zugänglich gemacht werden kann, verlieren die klassischen Hierarchie-Strukturen mehr und mehr an Bedeutung. Das Alphatier von heute wird morgen kaum noch in der Lage sein, autonome, prozessorientierte Teams zu begleiten.

Die Veränderung wird nicht nur in der Unternehmenskultur sichtbar werden, sondern auch in der Kommunikationskommunikation. Diese muss offener und weit weniger zentralistisch geführt werden, wie klassische PR und Markenführung es bisher gewohnt sind. Bereiche, in denen naturgemäß viele Solisten gab.

Management der Zukunft: Die Ära der Frauen

Ich glaube, dass die neue Form des Managements die Ära der Frauen einläutet. Sie sind in meinen Augen schon jetzt aufgrund ihrer Sozialisation (ja, ich bemühe Stereotype!) viel besser dafür gerüstet, autonome Teams zu managen. Sie anzuregen ihr Wissen zu teilen, über Hindernisse zu sprechen, sich gegenseitig Hilfe anzubieten, damit Ziele gemeinsam und zum Wohle aller erreicht werden können. Teamleiter, denen es primär um ihre eigene Karriere geht, egal ob männlich oder weiblich, gehören zu den Auslaufmodellen des Kulturwechsels.

Verantwortung für Kinder und Job

Cloudworking, Homeoffice, Hangouts, Telkos und Selbstständigkeit im Online-Bereich machen es Frauen leichter, Kind und Beruf zu vereinen. Geld lässt sich in vielen Sparten künftig von jedem beliebigen Ort aus verdienen und das auch in hoch qualifizierten Jobs. Von der wachsenden Unabhängigkeit profitieren nicht nur Alleinerziehende. Nach Gesprächen mit Frauen, die Kind und erfüllendes Berufsleben unter einen Hut bringen wollen, glaube ich auch, dass mittelfristig die Zahl der Frauen-mit-Kind-Wohngemeinschaften steigen werden. Frauen stärken sich so gegenseitig den Rücken anstatt auf Entscheidungen der Politik zu warten.

Karriere im Alter – nicht nur bei Bosch

Ok, das Thema “Demografischer Wandel” ist jetzt weniger autonom zu steuern. Aber Fakt ist, dass wir alle immer älter werden. Hinzu kommt, dass wir gesund und fit älter werden. Wir werden dann auch etwas zu tun haben und freiwillig länger arbeiten wollen. Auch wenn man sich das heute kaum vorstellen mag. Teilzeitmodelle für Senioren können die Lösung sein. Schon jetzt gibt es Unternehmen, die jungen Teams projektbezogen qualifizierte “Pensionäre” als Mentoren zur Seite stellen, weil man auf deren langjähriges Know-how nicht verzichten kann oder will.

Auf diesen Wissenstransfer setzt auch Bosch mit seinem Modell “Karriere im Alter”.  Hier will man nicht auf das wertvolle Wissen, das Mitarbeiter in 30 oder 40 Jahren Betriebszugehörigkeit angesammelt haben, verzichten. Auf Honorar-Basis können sich ausgeschiedene Experten im Alter zwischen 60 und 75 Jahren als Seniorberater in weltweiten Projekten einbringen. Fast 900 ehemalige Mitarbeiter nutzen diese Möglichkeit bereits.

Elternzeit und Gleichberechtigung

Flexibel ist man bei Bosch auch bei Mitarbeitern in der Familienphase.  Rund 100 Teilzeitmodelle, Telearbeit und Hilfe bei der Kinderbetreuung werden angeboten. Männer wie Frauen können in gleichem Maße darauf zugreifen.

Den Anteil der Frauen will man ebenfalls steigern, was jedoch vor dem technischen Hintergrund des Unternehmens nicht ganz so einfach ist. Schülerinnenenakademien wie “Girls Campus”  oder Recruiting-Events wie das derzeit laufende “Meet Bosch – Women for Bosch” sollen hier Abhilfe schaffen.

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Bosch tut viel, um den Frauenanteil in der Belegschaft zu steigern. © Robert Bosch GmbH 2011

Die vollständige Präsentation gibt es bei der Uni Mannheim

Was ist bitte “Reverse Mentoring”?

Insgesamt tut sich bei Bosch also einiges. Umso befremdlicher empfand ich die Äußerung von Dr. Christoph Kübel, Geschäftsführer und Arbeitsdirektor der Robert Bosch GmbH beim Wirtschaftskongress Spitzenfrauen Anfang März in Stuttgart. Er betonte ausdrücklich, dass er sich von “einer jungen Frau das Internet erklären lässt”. Auf der Karriereseite des Unternehmens auf Facebook wird diese Methode als “Reverse Mentoring” vermarktet und mit hübschen Bildern garniert. Was bitte schön sollen wir darunter verstehen? Mentoring bedeutet, dass der oder die Erfahrenere sein oder ihr Wissen an den oder die weniger Erfahrene weitergibt. Bedeutet “Reverse Mentoring” dann, dass der oder die Unerfahrenere sein oder ihr Unwissen weitergibt?! Ist es nicht vielmehr so, dass wir es normal finden sollten, dass jeder von jedem lernt. Unabhängig von Alter, Geschlecht und Hierarchie? Das wäre in meinen Augen Diversity Management.

Auch Daimler hat sie, die Frauenquote

“Frauen sind ein bedeutender Teil des Marktes. Als Unternehmen mit dem Anspruch an Spitzenleistung sollten wir die Balance der Geschlechter als Teil unserer Kultur betrachten”, so Sari Baldauf, Mitglied des Daimler-Aufsichtrats und Anteilseignervertreterin, auf der Karriere-Seite der Daimler AG. Bis 2020 soll der Anteil der Frauen in leitenden Führungspositionen hier auf 20 Prozent gesteigert werden. Aktuell sind es zwölf Prozent.

Wilfried Porth, Personalvorstand und Arbeitsdirektor bei Daimler, hatte beim Wirtschaftskongress Spitzenfrauen denn auch einige Anekdötchen über das Gender Diversity Management des Unternehmens parat:

Man habe sich anfangs sehr schwer getan, sei inzwischen dafür aber umso positiver überrascht. Nach ersten Auswertungen hätten die Frauen im gleichen Zeitraum mit besseren Ergebnissen aufwarten können als ihre männlichen Kollegen. Das läge aber selbstverständlich nicht daran, dass die Frauen einfach nur besser seien. Man habe bei ihnen nur besonders strenge Auswahlkriterien angewendet. In der nächsten Runde würde man diese senken.

So, so, Herr Porth. Die Ansprüche sollen gesenkt werden? Warum eigentlich? Lassen Sie doch die Ansprüche so hoch. Offensichtlich gibt es ja Menschen, die diese erfüllen. Und dann gehen sie hin und prüfen, ob alle die schon da sind – also in den Führungspositionen – diesen Ansprüchen noch gerecht werden. Manchmal setzt ja auch ein gewisser Ermüdungseffekt ein, wenn man sich mal behaglich platziert hat. Und wer den Ansprüchen nicht mehr gerecht wird, bekommt die gelbe Karte. Engagiert er/sie sich bis zur nächsten Runde mehr und erreicht das Klassenziel: Prima! Erreicht er/sie es nicht, wäre zu hinterfragen, ob er/sie seiner Aufgabe noch gewachsen ist. Wer sitzt, der sitzt, das wird ja sicher in diesen Positionen nicht gelten.

Hilfe, die Frauen kommen

Die Stellen, die dann vermutlich frei werden, füllen Sie mit den Besten des Unternehmens auf. Egal, welchen Geschlechtes. Dann würde sich vielleicht auch die Welle der Entrüstung bei den männlichen Bewerbern legen, die sich um ihre “verdienten Aufstiegschancen” betrogen fühlen. Laut faz.net vom 17.03.2013, “Wut auf Frauenförderung” sieht sich gleich eine ganze Generation zwischen 30 und 40 um ihre Karriere gebracht. Auch auf kununu.de bläst man ins gleiche Horn: “Wie überall im Daimler-Konzern werden Frauen bevorzugt”, steht da. Oder “Frauen werden auf Lasten (der) Männer gefördert”.

Ja, meine Herrn, das ist hart und ungerecht. Wer könnte diesen Unmut besser verstehen, als wir Frauen?! Nur weil wir potenziell schwanger werden könnten, hat man uns jahrelang bei der Förderung ausgeschlossen beziehungsweise gleich gar nicht eingestellt. Oder weil sich wer um die Kinder kümmern muss. Krippen und Horte gibt es ja nicht genug und Väter auch nicht? Richtige Väter gehen arbeiten und bringen das Geld nach Hause. Und nur weil wir, weil wir, weil… da will mir doch gerade der Grund nicht einfallen, weshalb wir bei gleicher Leistung weniger verdienen als Männer. Das ist einfach nicht fair, wenn man wegen des seines Geschlechtes diskriminiert wird. Echt nicht!

Keine Sorge, wir wollen nicht überall dabei sein

An dieser Stelle noch ein kleiner Schwank von Herrn Porth beim Spitzenfrauenkongress. Leider ist mir die Originalquelle entfallen, aber er zitierte eine der anwesenden Frauen: “Wirkliche Gender Diversity haben wir erst dann, wenn die erste inkompetente Frau im Aufsichtsrat eines DAX-Unternehmen sitzt. Die Männer sind ja schon da.”

Auch wenn der Spruch schon älter ist: Keine Sorge, so weit wollen wir Frauen es überhaupt nicht bringen. Versprochen!

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5 Antworten zu „Warum Frauen keine Frauenquote brauchen”.

  1. […] Warum Frauen keine Frauenquote brauchen […]

  2. […] Meine Frauennetzwerke, in die ich im Laufe des Jahres so “reingerutscht” bin und die ich nicht mehr missen möchte. Sie sind überwiegend unprätentiös und lösungsorientiert. Und sie sind die Zukunft. […]

  3. […] brauchen wir dafür und wer hat sie? Welche Vorteile bringt die digitale Evolution für die Vereinbarkeit von Job und Familie? Und wie entwickeln sich dabei die Chancen der Frauen  am Arbeitsmarkt. Ein Themenfeld, mit dem […]

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