Wie gehen wir künftig mit mehr Freiheiten bei unserer Arbeit um? Was hilft uns, uns nicht zu verzetteln? Diesen Fragen stelle ich mich aktuell und habe bereits die ersten Hilfsmittel gefunden. Welche Tipps habt ihr auf Lager? Welche kleinen „Tricks“ haben euch geholfen, diese Situation stressarm zu meistern?

In meinem Blogbeitrag “Warum Frauen keine Frauenquote brauchen” habe ich meine Einschätzung der Veränderungen am Arbeitsmarkt in den nächsten fünf bis zehn Jahren dargelegt. Ein wesentlicher Punkt dabei war die Möglichkeit, entspannt von daheim zu arbeiten.
Die Herausforderungen selbstbestimmter Arbeit
Die Vorstellung klingt gut. Ich kann im Sommer gemütlich auf meinem Balkon sitzen und entspannt arbeiten. Wenn der Paketbote klingelt bin ich da und ob die Post Probleme mit den Kapazitäten der Paketstationen hat, interessiert mich nicht mehr. Arzttermine bekomme ich fast immer kurzfristig, weil ich auch zu Zeiten kommen kann, zu denen ich früher im Büro Anwesenheitspflicht hatte.
Doch wie hält man die Balance zwischen Pflicht und Kür, zwischen privater Arbeit und der, für die man bezahlt wird? Zwischen Herumtrollen und effektiv Arbeiten? Das ist vermutlich die größte Herausforderung an selbstbestimmtem Arbeiten. Und ganz nebenbei keine Erfindung der veränderten Arbeitskultur. Selbstständige kennen das Problem schon lange.
Meine persönliche Work Life Balance
Nachdem ich mich ganz gezielt für einen Arbeitsplatz entschieden habe, für den ich nicht umziehen muss und der mir ausreichend Flexibilität für meine Interessen im Bereich Change Management in Unternehmen (nicht nur) durch Social Media lässt. bin ich aktuell dabei, die beste Lösung für meine ganz persönlichen Bedürfnisse zu finden.
Positiv ist sicher, dass ich eher zum Typ Lerche gehöre. Sprich: Ich bin morgens recht früh wach. Geweckt vom zunehmenden Tageslicht und deshalb auch gleich recht fit. Im Winter war es bisher etwas schwieriger. Als ich aufstehen musste – feste Bürozeiten eben – war es noch dunkel. Entsprechend halblebig kam ich im Büro an. Ich bin gespannt, wie sich mein Rhythmus im Winter verschieben wird.
Die Zeitfresser
Nach dem Aufstehen neige ich allerdings dazu, die Zeit zu vertrödeln, wenn ich nicht gleich aus dem Haus muss. Mit einer Latte Macchiato in der Hand geht es erst mal auf die Couch. Dort werden dann Mails gelesen und beantworten, meine Social Media Kanäle gepflegt und der Feedreader gescannt. Gehört ja alles zum Personal Branding und das ist wichtig. Dummerweise findet man auf allen diesen Kanälen dann auch interessante Links, die man UNBEDINGT ansehen muss und schwupp, ist der Zeitvorsprung wieder weg.
Als Gegenmittel eignet sich bislang bei mir ganz gut der “Ich gehe ins Büro Modus”. Also aufstehen, ins Bad gehen, Make-Up, öffentlichkeitstaugliche Klamotten und schon ist interessanterweise die Versuchung, erst mal lange auf der Couch zu gammeln, deutlich geschrumpft.
Personal Kanban macht Arbeit sichtbar
Seit einigen Wochen übe ich mich auch in Personal Kanban. ToDo-Listen pflege ich nie ordentlich. Außerdem hasse ich die immer länger werdenden Listen, in denen man suchen muss, was schon durchgestrichen ist und was nicht. Ich war eher so die Verfechterin der “Ich merke mir alles”-These. Und geriet prompt irgendwann in Panik, weil ich dachte, das würde ich alles nie schaffen. Außerdem hatte ich ständig das Gefühl irgendetwas zu vergessen.
Kanban ist eigentlich eine Methode aus der Produktionsablaufsteuerung, die zwischenzeitlich aber in vielen anderen Bereichen Einzug gehalten hat. Statt reinen Aufgaben wird der Arbeitsfluss dargestellt. Zusätzlich gibt es Beschränkungen was die einzelnen Stationen angeht. So dürfen zum Beispiel nicht zu viele Arbeitsschritte gleichzeitig angefangen werden, damit man sich nicht verzettelt.
Personal Kanban passt dieses System für die private Nutzung an. In dem man jeder Aufgabe eine eigene Karte, zum Beispiel ein Post-It zuordnet, sieht man, wie sie durch die einzelnen Schritte von der Planung bis zur Fertigstellung läuft. Mehr zu den Details von Personal Kanban folgt in einem meiner nächsten Blogbeiträge.
Mir hat dieses System sehr schnell Folgendes gezeigt:
- ich bin entspannter, weil meine Aufgaben ja festgehalten sind. Sie blockieren nicht meinen “Arbeitsspeicher”
- es macht mich stolz, wenn ich am Abend die Spalte mit den fertigen Aufgaben sehe. Bislang hatte ich nie so einen Überblick und habe mich abends oft gefragt: Was habe ich eigentlich heute den ganzen Tag getan?
- der Reiz, die Done-Spalte zu füllen, motiviert mich, schnell noch dies oder jenes abzuarbeiten, ehe ich “Feierabend” mache.
- ich schlafe besser, weil nichts vergessen wird (Ok, irgendwas wird sicher auch mit Kanban vergessen, aber die Gefahr ist geringer)
- ich gehe unliebsame Aufgaben eher an, damit ich sie endlich nicht mehr vorn in der ToDo Spalte sehen muss. Das ist ein Novum für mich. Ich war eher jemand, der Unliebsames bis zu letzten Minute vor sich her geschoben hat
- die einzelnen Aufgaben werden durchschnittlich schneller abgearbeitet als vorher
- meine Energiereserven sind voller
Also schon jetzt recht viele Learnings in kurzer Zeit.
Socialize – voneinander lernen
Warum ich darüber blogge, wie ich meinen Alltag regele? Ganz einfach. Ich bin ja nicht die Erste, die diese Situation meistern will oder muss. Und warum sollen alle bei Null anfangen? Deshalb würde ich mich über Austausch freuen, wie ihre eure flexible Arbeitsumgebung handhabt. Was hat euch geholfen? Was hat überhaupt nicht geklappt. Lasst uns voneinander lernen.
Ich jedenfalls werde euch weiter auf dem Laufenden halten, was mir wie geholfen hat. Einfach weil es mich begeistert, was sich in den letzten Wochen bei mir verändert hat.
Jim Benson | Tonianne DeMaria Barry: Personal Kanban – Rezension
Schön, zu lesen, dass andere ähnliche Erfahrungen bei den ersten Tests gemacht haben: Personal Kanban im Selbsttest
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